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30.05.2025
Nachhaltigkeit & Soziales Engagement

Recycling von Altmatratzen als Beitrag zur Kreislaufwirtschaft

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Matratzen bestehen aus wertvollen Rohstoffen – je nach Matratzentyp können bis zu 10–15 Kilogramm Schaumstoff enthalten sein. Wir bei NEVEON haben uns das Ziel gesetzt, diesen Schaumstoff in den Produktkreislauf zurückzubringen. CEO Jürgen Kleinrath gibt im Interview Einblicke in die Herausforderungen und Lösungen rund ums Matratzenrecycling.

Zum Einstieg eine Frage zum Big Picture:  Wie viele Matratzen erreichen in Europa und den USA jährlich das Ende ihrer Nutzungsdauer? 

Jürgen Kleinrath: In der EU erreichen jährlich rund 40 Millionen Matratzen das Ende ihrer Lebensdauer – das entspricht einem Matratzenstapel, der 904-mal so hoch ist wie der Mount Everest. Rund 8 Millionen davon stammen aus Deutschland. In den USA sind es geschätzt 25 bis 30 Millionen. Dort gibt es allerdings nur in Bundesstaaten, die am Bye-Bye-Mattress-Recyclingprogramm teilnehmen (Kalifornien, Rhode Island, Connecticut und Oregon), verlässliche Zahlen. Seit 2016 wurden dort etwa 15 Millionen Matratzen recycelt. 

Jürgen Kleinrath CEO NEVEON

Was tut NEVEON, um hier nachhaltige Lösungen zu schaffen?

Jürgen Kleinrath: Zirkularität und die Entkoppelung von Wachstum und Ressourcenverbrauch erfordern Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. So haben wir beispielsweise im Jahr 2021 gemeinsam mit BASF Schaumstoffe mit 80 % Recyclinganteil in der Polyolkomponente geschäumt und diesen anschließend in das weltweit nachhaltigste Matratzenkonzept verwandelt. Dabei war BASF für das chemische Recycling von Altmatratzen zuständig; wir bei NEVEON haben aus den gewonnenen Rohstoffen neue, hochqualitative Matratzen produziert. Die Qualität der Matratzen steht jener aus Primärrohstoffen in nichts nach. Industrielle Serienreife gibt es noch nicht, aber wir sind Branchenvorreiter.

Neben chemischem Recycling setzen wir auch auf mechanisches Recycling von Altmatratzen: Anfang 2025 haben wir mit BRANTNER Green Solutions das Joint Venture LOOP-it gegründet – Österreichs erstes Unternehmen für Matratzenrecycling. Dort werden Matratzen zerlegt und mechanisch recycelt. Der dadurch gerettete Rohstoff fließt dann in neue Produkte wie Teppichunterlagen oder Schalldämmungen. 

Wie viele Matratzen werden aktuell recycelt – und was passiert mit dem Rest?

Jürgen Kleinrath: Leider werden in der EU bislang nur fünf bis sieben Prozent der Altmatratzen recycelt. Der Rest wird in Westeuropa meist verbrannt, in Osteuropa oder den USA häufig deponiert. Länder wie die Niederlande, Frankreich, Belgien oder das Vereinigte Königreich zeigen, dass es auch anders geht – sie fördern Recycling durch gesetzliche Regelungen, etwa erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) oder Verbrennungsverbote.

Welche Herausforderungen gibt es beim Einsammeln und Verwerten?

Jürgen Kleinrath: Die Logistik ist ein großes Thema: Matratzen sind sperrig, die Transportauslastung ist gering – das macht das Einsammeln teuer. Auch das Zerlegen ist aufwendig: Wir bekommen Altmatratzen aus unterschiedlichsten Materialien – Schaumstoffen, Federkernen, Latex, manchmal sogar Rosshaar. Aktuell stammen die gesammelten Matratzen noch aus einer Zeit, in der die Recyclingfähigkeit kein Kriterium beim Design war und die Matratzen aus vielen miteinander verklebten Schichten bestanden. Das ist dann schwierig, denn Design for Recycling bedeutet Monomaterialität und bestenfalls den Verzicht auf Klebstoffe. Das denken wir bei NEVEON heute mit, wenn wir Matratzen produzieren. 

Werden die eingesammelten Altmatratzen von Hand zerlegt?

Jürgen Kleinrath: Das Zerlegen gebrauchter Matratzen ist keine schöne Sache. Bei LOOP-it setzen wir deshalb auf eine automatisierte Zerlegung. Generell lässt sich Schaumstoff mechanisch gut recyceln. Schwierig wird es bei Matratzen mit mehreren verklebten Schichten. 

Wie sieht die CO₂-Bilanz von recycelten Matratzen aus?

Jürgen Kleinrath: Neben den Rohstoffen zur Produktion einer Matratze verursacht vor allem die in Westeuropa weit verbreitete Verbrennung alter Matratzen erhebliche CO₂-Emissionen. Unsere Berechnungen zeigen: Bis zu 85 % weniger Emissionen sind möglich, wenn Matratzen recycelt statt verbrannt werden.

Welche Rolle spielt die Politik beim Matratzenrecycling – insbesondere auf EU-Ebene?

Jürgen Kleinrath: Verlässliche Rahmenbedingungen sind essenziell. Wir fordern, dass Matratzen in die EU-Richtlinie zur erweiterten Herstellerverantwortung (EPR-Regelung) aufgenommen werden. Derzeit wird die Abfallrahmenrichtlinie überarbeitet; Matratzen stehen dort aber nicht auf der Prioritätenliste. Gemeinsam mit der Österreichischen Matratzen Allianz – deren Gründungsmitglied wir sind – haben wir ein offenes Schreiben aufgesetzt, um das zu ändern.

Mit unserem Joint Venture LOOP-it sind wir bewusst vorangegangen, obwohl es in Österreich bislang keine gesetzlich gestützte Recyclinginfrastruktur für Matratzen gibt. Wir gehen hier die Extrameile – für kommende Generationen.

Und noch eine abschließende Frage: Was passiert mit dem recycelten Material?

Jürgen Kleinrath: Im chemischen Recycling entstehen hochwertige Polyole, aus denen wir wieder Matratzen fertigen – ein geschlossener Kreislauf. Im mechanischen Verfahren wird das Material zu neuen, anderen Produkten verarbeitet – etwa Teppichunterlagen oder Schalldämmungen.

Vielen Dank für die spannenden Einblicke!

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